Gen Z


Stop that! - Future cannot be stopped: Gen Z ante portas
 
Dieter Feige (11.2019)
Zukunft kann nicht aufgehalten werden, klar. Und in Panik verfallen ist Quatsch. Weil vieles, was auf uns zukommt, in Ausmaßen und Konturen gut erkennbar ist, da es längerfristige Entwicklungen bereits aus dem Gestern sind. Natürlich müssen diese Entwicklungen kritisch beobachtet und gründlich analysiert werden. Es sind schließlich Potenziale, so - oder so. Jedoch aus Leichtsinn oder Mangel an Aufmerksamkeit ist es passiert, dass man verschlafen hat, sich auf den Einzug der Generation Y in das Berufsleben vorzubereiten. Was war da passiert? Wir hatten sie nicht auf dem Schirm, haben sie nicht richtig eingeschätzt, ihre Erwartungen an uns, die sie mitbrachte, als sie kam, die Generation Y, die Millenials. Deshalb war ihre Transformation ins Berufsleben mit erheblichen Turbulenzen verbunden. Es waren neue Modelle erforderlich, wie beispielsweise flexible Arbeitszeiten, leistungsorientierte Vergütung, Rücksichtnahme auf die Work-Life-Balance, Home Office. Diese Generation war von einem optimistischen Idealismus getragen, agierte selbst- und karrierebewusst, hatte das gesamte Unternehmen im Blick, bemaß Motivation und Loyalität an den Werten des Arbeitgebers, legte sich richtig ins Zeug, aber nur, wenn es passte. Bologna-streamlined, von Abitur bis Bachelorabschluss in drei Jahren, eine mit Weiterbildung und Fitnesstraining akzelerierte und fundierte berufliche Laufbahn. Also Selbstoptimierung um jeden Preis. Motto “The world is my oyster”. Dieses Lebensgefühl wurde damals hymnisch von der Gruppe Frankie Goes To Hollywood auf den Punkt gebracht: „Shooting stars never stop even when they reach the top“. Sie hat sich natürlich integriert, assimiliert, inkludiert, die Generation Y, ist beruflich erfolgreich, aber sie hat dabei auch das System aufgemischt, verändert und ein Umdenken auf den Führungsetagen bewirkt.
 
Z-ler are the nomads of digital mobility

Nun ist Generation Z im Anmarsch. Diesmal wollen wir es wirklich wissen, möglichst alles wissen. Um bestens gerüstet zu sein, wenn sie kommt: die Gen Z, auch Gamers genannt. Nie wieder darf diese Panne passieren, wie beim letzten Mal. Deshalb wird diese Generation schon lange und intensiv unter die Lupe genommen. Sie ist von Jugendforschern aller Couleur und HR-Experten nach allen Regeln der Kunst gründlich durchleuchtet worden, die Generation ab Geburtsjahr 1996. Im Ergebnis: Die Generation Z ist nicht in irgendeiner optimierten Fassung die Fortsetzung der Millenials. Generation Z ist gänzlich anders. Wieso das? Mit ausschlaggebend für die neuen Einstellungen und Haltungen zu Leben und Beruf sowie die Erwartungen an die Arbeitgeber von Gen Z ist das Alleinstellungsmerkmal dieser Generation, die Digital Natives 2.0. Diese jungen Menschen sind in der digitalen Welt von klein an groß geworden, haben sich zeitgleich mit dem Lernen des analogen 1 x 1 spielerisch das Handling digitaler Endgeräte angeeignet. Sie sind die erste vollvernetzte Generation, eine Online-Community, bei der die Grenze zwischen realer und virtueller Welt nicht mehr existiert, beide Sphären ineinander verschmelzen. Permanently online, permanently connected finden Austausch, Interaktion, Kommunikation und Information in Netzwerken, Blogs und Foren statt. Nach den Maximen Mobile First und Content First ist das Smartphone ihr Kommunikationsmittel par excellence. Texte, Fotos, Videos, Memes werden auf Facebook, Instagram, WhatsApp und anderen Telegramformaten gepostet, geteilt. Kommunikation in Lichtgeschwindigkeit, sich ständig optimierende Suchmaschinen und immer filigranere Algorithmen ermöglichen blitzschnelle Recherchen zum Vergleichen, Prüfen, Hinterfragen für schnelle Entscheidungen. Keine vorübergehende Blase mit Kurzzeitaufenthalten, sondern vollkommen integrierter Bestandteil des Lebens in Echtzeit, Teil der Persönlichkeit und Anker der individuellen Freiheit. Welche Weltsicht und welche Wertemuster haben sich in dieser neuartigen Existenzform eines homo digitalis herauskristallisiert?
 
Dezidierte Auskunft darüber gibt uns eine 2016 in Zusammenarbeit mit Celepedia und Statista durchgeführte Befragung von 12.000 jungen Menschen im Alter von 14 bis 17 - „Generation Z: Eigentlich ganz vernünftig“. Wie „tickt“ die Generation Z: 52 % fühlen sich ohne Smartphone von der Welt abgeschnitten, fast zwei Drittel streben ein Studium oder eine Ausbildung an, 61 % wollen heiraten, davon zwei Drittel zwei Kinder haben. Priorität haben Familie 27 %, Spaß und Freude am Leben 22 %, Liebe und Partnerschaft 13 %, Freundschaft 12 %, jedoch nur 6 % (!) Selbstverwirklichung. Nimmt man noch die Ängste dazu, komplettiert sich der Eindruck: Terror/Krieg 21 %, Verlust eines Familienmitglieds 19 %, unglücklich sein 17 %.
 
Da gibt es so gut wie keine Schnittmengen mit den Millenials. Eine Biedermeierisierung oder mehr traditionelle Ausrichtung könnte aufgrund von Sinn für Familie, Ehe, Kinder prima vista vermutet werden. Ist es aber bei genauerer Betrachtung eben nicht. Diese Generation erhielt eine Erziehung, in der sie der Mittelpunkt war, das Selbstbewusstsein gefördert wurde, in der die Kinder schon früh bei Entscheidungsfindungen beteiligt waren, mit Lob motiviert wurden, sich gleichwertig fühlten und folglich sukzessiv zunehmende Grade von Unabhängigkeit erfuhren.
 
Anhand der Vielzahl an Publikationen zur Gen Z lässt sich mittels Clusterung ein Katalog mit Kernaussagen bündeln, der stichwortartig ein Profil der Erwartungen an die Zukunft und der Anforderungen an das Berufsleben auffächert:
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       Trennung von Job und Privat
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       Flexibilität und Abwechslung im Berufsleben
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       Sinnhaftigkeit in der Berufsausübung
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       Sicherheit durch unbefristete Verträge
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       mehr Freizeit, reduzierte Arbeitszeit in ausgewogener Work-Life-Balance
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       Stimmigkeit zwischen Job und Persönlichkeit
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       positive Einstellung zu häufigen Jobwechseln
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       Gelassenheit in Karriereambitionen und Verzicht auf Führungsverantwortung
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       Arbeitszeitflexibilisierung (Home Office, Office-Sharing)
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       Streben nach immateriellen Gütern
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       Nutzung sozialer Netzwerke beruflich und privat
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       Digitale Medien als Lebenswelt
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       Fokussierung auf Arbeitgebermarke (permanente Vergleiche via Ranking, Tests)
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       Sharing-Community als intensive Nutzer der Sharing Economy
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       an Erbschaften (geburtenschwache Jahrgänge) orientierte Lebensplanungen
 
Im Schnelldurchlauf kann konstatiert werden, dass Arbeit - nur auf Basis eines unbefristeten Vertrags - nicht unbedingt Spaß bringen muss, aber strikte vom Privatleben getrennt wird, Prämien nicht so wichtig sind wie der Boss, private Ambitionen einen höheren Stellenwert haben als Job, Karriere und Firmenwagen. Gen Z ist realistisch, durchdigitalisiert und hat ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Bei der Work-Live-Balance dominiert eindeutig Nine to five, 24/7 hat keine Chance. Zudem sind Bindungslosigkeit und Einzelkämpferorientierung typische nomadische Jobqualitäten von Gen Z. Der sozio-ökonomische Charakter wird in erster Linie durch den Trend zu Collaborative Consumption sowie die Aussicht auf Erbschaften geprägt.
 

Cybernetics shows the right track for successful coupling
Nun haben wir einen überschaubaren Gesamteindruck von der Generation Z. Wir wissen - im Gegensatz zur Generation Y - was auf uns zukommt und können den ins aktive Berufsleben drängenden Nachwuchs bei entsprechender Vorbereitung ohne große Reibungsverluste in die Berufswelt integrieren. Vereinfacht gesagt, denn der aus einer Handvoll von Merkmalen bestehende Gesamteindruck ist gleichfalls eine Vereinfachung, eine Komplexitätsreduktion. Doch die reicht allenthalben.
 
Ganz schön sperrig, diese Generation Z, keineswegs systemkonform, so der erste Impuls. Zuversicht für eine gelingende Einbindung von Gen Z geben uns die Mechanismen der gesellschaftlichen Integrationsprozesse, die auf dem Prinzip der Selbsterschaffung und Selbsterhaltung dynamischer Systeme beruhen, der Autopoiesis. Komplexitätsreduktion und Autopoiesis sind Schlüsselbegriffe der soziokybernetischen Kommunikationstheorie von Niklas Luhmann. Um das ins Gedächtnis zu rufen, kurz etwas Systemtheorie „on the rocks“. Niklas Luhmann erklärt das Funktionieren von Gesellschaft in philosophischer und soziologischer Hinsicht als ein System miteinander kommunizierender Elemente. Nicht die Elemente stehen dabei im Fokus, sondern die Relationen zwischen den Elementen, also Kommunikation. Sie allein ist die conditio sine qua non für das Funktionieren und den sicheren Fortbestand des Systems. Damit Kommunikation reibungslos funktioniert, sorgt die Komplexitätsreduktion dafür, dass sich Sender und Empfänger stets eindeutig verstehen. Sie agiert dabei wie ein Selektionsmechanismus, der aus der Datenflut die Informationen herausfiltert, die für die Aufrechterhaltung der Kommunikation der Elemente erforderlich sind. Rauschen bleibt aus, das System bleibt stabil.
 
Dieser Vorgang zur Sicherung der Kontinuität von Lebensformen in veränderten ökologischen Situationen ist in der Evolutionstheorie die Schlüsselfunktion der Anpassung. Gelingende Anpassung ist dabei eine Feedback-Reaktion von Lebensform und Umwelt. Beispiele zeigen das: Die Säugetiere Wale haben infolge eines extremen Klimawandels im Eozän das Land mit dem Wasser getauscht. Pinguine haben das Fliegen verlernt, weil ihnen Schwimmen und Tauchen wesentliche Vorteile brachten. Ergo: System Gen Z wird mittels der Prozesse von Anpassung und Komplexitätsreduktion in das System Berufswelt eingebunden. Denn beide Systeme beanspruchen für sich den Fortbestand. Wie das geht, zeigt ein Beispiel aus der Natur. Man betrachte die Halsbandsittiche in unseren Städten, vermeintliche Eindringlinge, die das ornithologische Gleichgewicht stören. So die anfängliche Befürchtung. Entwarnung, sie sind seit Jahren auch in Düsseldorf beheimatet, sogar auf der Kö.
 
Das Thema Gen Z ist aber nicht abgehakt. Fortsetzung folgt. Überlegungen für strategische Planungen, diesen Prozess der Einbettung smooth und smart in Form eines roten Teppichs komplexitätsreduziert zu steuern. Weil dieser Change wirklich große Chancen bietet, für alle, die darin involviert sind. Auch, weil sich Arbeitswelt infolge Digitalisierung mächtig verändern wird.
 
 

Gen Z (1)